FF 4.4 Schnittstelle Eingliederungshilfe und Pflege

Zusammenfassung

Prof. Dr. Arne von Boetticher, Fachhochschule Potsdam, referierte ausgehend von den gesetzlichen Regelungen zur Eingliederungshilfe des SGB IX und der Pflegeversicherung des SGB XI zu den sich ergebenden Schnittmengen: Grundsätzlich ist nach Vorstellung des Gesetzgebers eine Abgrenzung anhand der Zielsetzung der Leistungen vorzunehmen, welche in der Praxis aber nicht immer eindeutig möglich sei. Unklare Zuordnungen ergeben sich aus dem Blickwinkel der Leistungen der Pflegeversicherung u. a. im Bereich der pflegerischen Betreuungsmaßnahmen, der Hilfen bei der Haushaltsführung sowie der Unterstützungsleistungen zur Bewältigung und Gestaltung des alltäglichen Lebens im häuslichen Umfeld. Die Frage, ob Leistungen der Eingliederungshilfe auch solche der Pflege umfassen, ist anhand des Orts der Pflege (besondere Wohnform oder häuslicher Bereich) und anhand des Trägers der Pflege (Pflegekasse oder Sozialhilfeträger) unterschiedlich zu beurteilen. Arne von Boetticher verwies in einem Ausblick auch auf die offene Formulierung des Koalitionsvertrages, wonach das Verhältnis von Eingliederungshilfe und Pflege mit dem Ziel zu klären sei, dass für die betroffenen Menschen keine Lücken in der Versorgung entstehen sollen.

Gabriele von Berg, Landschaftsverband Rheinland, warf einen Blick auf die Schnittstelle aus der Perspektive eines Eingliederungshilfe- und Sozialhilfeträgers. Zunächst betonte sie die Notwendigkeit, die Pflege bewusst sichtbar zu machen, und stellte hierzu die Regelungen des Landesrahmenvertrags von NRW vor. Gleichzeitig schilderte sie die Erkenntnisse des LVR-Modellprojektes NePTun, welches das Projektziel hatte festzustellen, ob und wie weit es auf Grundlage der neuen gesetzlichen Regelungen möglich ist, die Leistungen inhaltlich-fachlich voneinander abzugrenzen. Für die Umsetzung in der Praxis lasse sich aber feststellen, dass Kriterien zwar hilfreich sind, eine klare Abgrenzung aber gerade nicht ermöglichen. Daher seien der Ort des Gesamtplanverfahrens für eine gemeinsame Begutachtung zu nutzen und eine entsprechende gemeinsame Haltung zu entwickeln. Gabriele von Berg verwies hierzu beispielhaft auf das "Haltungspapier“ des LVR.

Ruth Klein, BBT Gruppe, stellte eingangs vor, welche Themen gerade in der Pflege im Kontext der Schnittstelle beschäftigen: Dazu zählen u. a. neue gesetzliche Grundlagen wie das Pflegeberufegesetz und die Entwicklungen in der Heilerziehungspflege. Für ein gelungenes Zusammenarbeiten an der Schnittstelle seien die Sicherstellung einer pflegefachlichen Expertise, die Sicherstellung der Implementation von Mindeststandards sowie die Klärung der Spielregeln für die Zusammenarbeit und der Rollen erforderlich. Anhand zweier Fallbeispiele erläuterte Ruth Klein die unterschiedlichen Perspektiven und Fragestellungen, mit denen die unterschiedlichen Professionen in der Teilhabe und Pflege am Klienten aufeinandertreffen.

Unter Moderation von Antje Welke, Bundesverband Lebenshilfe e.V., wurde in der abschließenden Diskussion erörtert, welche Erwartungen an den Gesetzgeber aus dem Koalitionsvertrag folgen könnten. Dabei wurde insbesondere die Abschaffung des § 43a SGB XI diskutiert. Angesprochen wurden auch die Rolle der Pflegeversicherung sowie die Lebenssituation der Menschen mit Behinderungen, die von einem Wechsel in eine stationäre Einrichtung betroffen sind.

Mitwirkende

Moderation

  • Antje Welke, Leiterin der Abteilung Konzept und Recht, Bundesverband Lebenshilfe e.V., Berlin


Vortrag/Diskussion

  • Gabriele von Berg, Fachbereichsleiterin FB 74 Sozialhilfe/ Fachliche Ressourcen, Landschaftsverband Rheinland, Köln
  • Prof. Dr. Arne von Boetticher, Fachbereich Sozial- und Bildungswissenschaften, Fachhochschule Potsdam
  • Ruth Klein, Leiterin Fachbereich Psychiatrische Dienste, BBT Gruppe, Koblenz

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